Gerd Albrecht, Dirigent
Gerd Albrecht, 1935 in Essen geboren, nahm im Alter von 22 Jahren seine erste Auszeichnung als Dirigent – den Ersten Preis beim Internationalen Dirigentenwettbewerb in Besançon – entgegen. 55 Jahre später, in der Saison 2012/13 wurde ihm die musikalische Leitung des Internationalen Musikfestivals in Besançon übertragen, das diesen Wettbewerb umfasst.
Als Deutschlands jüngster Generalmusikdirektor begann Albrecht im Alter von 27 Jahren in Lübeck. Es folgten Chefpositionen in Kassel (1966-72), an der Deutschen Oper Berlin (1972-76), beim Tonhalle-Orchester Zürich (1975-80) und in Hamburg, wo er von 1988 bis 1997 als Generalmusikdirektor und Operndirektor amtierte. 1991 bestimmten die Musiker der Tschechischen Philharmonie den Deutschen in einer demokratischen Wahl zum ersten ausländischen Chefdirigenten in der fast hundertjährigen Geschichte des Orchesters. Politische Intrigen veranlassten Albrecht 1996 zum vorzeitigen Rücktritt von dieser Position; seit 2004 gibt es jedoch wieder eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Orchester, das er im Sommer 2004 erstmals zu den Salzburger Festspielen und später auf eine Südamerika-Tournee führte.
Gerd Albrecht war von 1997 bis 2007 Chefdirigent des Yomiuri Nippon Symphony Orchestra in Tokio, wurde im Anschluss zum ersten Conductor Laureate des Orchesters ernannt und gastiert dort nach wie vor regelmäßig. Von 2000 bis 2004 leitete er außerdem als Chefdirigent das Dänische Radio-Sinfonieorchester in Kopenhagen. Als Dirigent internationaler Opern- und Konzertorchester ist Gerd Albrecht immer wieder Gast bei den Festivals in Salzburg, München, Edinburgh, Luzern und Wien.
Vehement setzt sich der Dirigent für zeitgenössische Musik ein und leitete viel beachtete Aufführungen und Uraufführungen von Werken u.a. von Reimann, Henze, Penderecki, Ligeti und Rihm. Zahlreiche seiner Einspielungen und Konzertmitschnitte neuer Musik wurden mit Auszeichnungen bedacht, so z.B. die Liveaufnahme von Hans Werner Henzes „Gogo no eiko – Das verratene Meer“ von den Salzburger Festspielen 2006. Ebenso sehr bemüht sich Albrecht um zu Unrecht vergessene Musik vergangener Zeiten, wie z.B. der Komponisten aus dem Konzentrationslager Theresienstadt, die er an historischer Stätte mit dem Bundesjugendorchester zur Aufführung brachte, von Spohr, Fibich und Wolf. 2008 kehrte unter seiner Leitung die „Penthesilea“ von Othmar Schoeck höchst erfolgreich an den Ort ihrer Uraufführung, die Semperoper in Dresden, zurück.
Ein zentraler Bestandteil von Gerd Albrechts Arbeit und seine ganz besondere Herzensangelegenheit ist die Musikvermittlung für Kinder und Jugendliche. Albrecht schreibt Kinderbücher, dirigierte und moderierte über fünfzig TV-Filme und Tonträger für Kinder. 1989 gründete er die Hamburger Jugendmusikstiftung, die junge musikalische Talente fördert und bis heute von ihm finanziert wird. Darüber hinaus trägt die Stiftung das „Klingende Museum“ in Hamburg, das jährlich von Tausenden Schulkindern besucht wird. Seit 2002 ist das Klingende Museum auch in Berlin aktiv und bietet ein breites Angebot an musikalischen Workshops für Kinder und Jugendliche sowie Familienkonzerte. Mehrere „Klingende Mobile“, u.a. in Berlin, Hamburg und Frankfurt, bringen Instrumente und Musikpädagogen zu Schulen und Kindertagesstätten. Immer wieder stellt Gerd Albrecht seine Erfahrung auch in den Dienst von Jugendorchestern. So leitete er mehrfach das Bundesjugendorchester, u.a. auf einer Tournee in Japan. Mit dem Young Euro Classic Ensemble eröffnete er im Herbst 2011 in Tokio die Feierlichkeiten zu „150 Jahre Freundschaft Deutschland-Japan“, und im Orchesterzentrum NRW gastierte er 2011 als Dirigent in Residenz. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit besteht auch mit dem Hessischen Landesjugendorchester, mit dem er zuletzt im Sommer 2012 „Ma mère l’oye“ auf die Bühne der Alten Oper in Frankfurt/M. gebracht hat, flankiert von Besuchen des „Klingenden Mobils“ in Frankfurter Schulen.
Für seine künstlerische Arbeit sowie für sein soziales Engagement wurde Gerd Albrecht vielfach ausgezeichnet, u.a. wiederholt mit dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik, dem MIDEM Classical Award, dem Adolf-Grimme-Fernsehpreis, der Ferenc-Fricsay-Medaille, dem Hermann-Voss-Kulturpreis und dem Paul-Hindemith-Preis.