Reinhard Goebel, Dirigent
Reinhard Goebel, Gründer und 33 Jahre lang Leiter des Ensembles Musica Antiqua Köln, ist heute ein allseits gefragter Dirigent und Vermittler seines enormen Wissens um die sogenannte historische Aufführungspraxis an moderne Sinfonie- und Kammerorchester. Wissend um den Anachronismus, Musik zu „dirigieren“, die ursprünglich vom generalbaßspielenden Kapellmeister und vom geigenden Konzertmeister geschmacklich und fachlich koordiniert wurde, erarbeitet Reinhard Goebel in den Proben eine von „Stab-Führung“ im wesentlichen unabhängige Eigenaktivität des Ensembles. Zahlreiche Orchester haben sich diesem „Experiment Goebel“ mittlerweile erfolgreich gestellt, darunter das Beethoven Orchester Bonn, die Duisburger Philharmoniker, das Gewandhaus-Orchester Leipzig, das Orchester des Nationaltheaters Mannheim, die Dresdner Philharmonie, das Deutsche Symphonieorchester Berlin, das Orchester der Komischen Oper Berlin, die Hamburger Symphoniker, das Münchner und Zürcher Kammerorchester, das Tonhalle-Orchester Zürich, das Royal Philharmonic Orchestra London, das Orchester der Königlichen Oper Kopenhagen, das Orchestra di Padova e del Veneto, das Orchestre National d’Île de France Paris sowie die Rundfunk-Sinfonieorchester von Saarbrücken (SR), Köln (WDR), Frankfurt (HR), Hannover (NDR) und München (BR).
Darüber hinaus war Reinhard Goebel in den letzten Jahren u.a. zu Konzerten in Darmstadt, Essen, Kassel, Nürnberg, Den Haag, Eindhoven und Winterthur eingeladen. Ferner gab er sein großes Wissen im Rahmen von Kursen der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker und des Mozarteums Salzburg an die junge Generation weiter. Darüber hinaus war er in Herrenchiemsee sowie mit dem Helsinki Baroque Orchestra in Vantaa und Turku (Finnland) zu Gast.
Im Januar 2009 wurde Reinhard Goebel zum ersten Gastdirigenten der Bayerischen Kammerphilharmonie ernannt. Es folgte ein überwältigendes Debüt am Pult der Sächsischen Staatskapelle im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele sowie die Neuproduktion von Johann Christian Bachs „Amadis de Gaule“ unter seiner musikalischen Leitung am Nationaltheater Mannheim, die von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert wurde. Ferner war er im Oktober 2009 beim Taipei Symphony Orchestra zu Gast und gab ein sensationelles Debüt beim Melbourne Symphony Orchestra, das zu zwei sofortigen Wiedereinladungen führte. Im Sommer 2010 folgte sein erfolgreiches Debüt als Dirigent in den USA: Reinhard Goebel war am Pult des Grand Teton Festival Orchestras mit einem Programm von Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen zu Gast in Wyoming.
Im April 2011 folgten das Debüt beim Odense Symfoniorkester sowie zwei Aufführungen von Bachs Matthäus-Passion mit dem Residentie Orkest und Nederlands Kamerkoor in Den Haag. Im August und September 2011 gastierte er mit der Bayerischen Kammerphilharmonie beim Haydn-Festival der Brühler Schlosskonzerte sowie auf Schloß Neuschwanstein. Im Dezember 2011 fand die Wiedereinladung nach Melbourne im Rahmen von drei Konzerten mit Händels „Messiah“ im Melbourne Recital Centre statt.
Anfang 2012 war Reinhard Goebel u.a. mit dem HR-Sinfonieorchester in Frankfurt und Fulda, mit der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker in der Berliner Philharmonie sowie mit dem WDR-Rundfunk-Sinfonieorchester in Köln und Iserlohn zu Gast. Es folgten Konzerte mit dem MDR Sinfonieorchester in Magdeburg und Leipzig sowie mit dem Budapest Festival Orchestra und das Debüt mit dem Wiener Kammerorchester im Konzerthaus Wien im April 2012. Im Juli 2012 eröffnete Reinhard Goebel gemeinsam mit Mirijam Contzen und der Bayerischen Kammerphilharmonie im Schloß Schwetzingen den Mannheimer Mozart-Sommer. Es folgte eine Neu-Produktion von Johann Christian Bachs „Temistoclé“ am Nationaltheater Mannheim sowie ein weiteres Projekt mit dem Melbourne Symphony Orchestra mit einem Mozart-Programm mit Konzerten in Melbourne und Monash im August. Im Januar 2013 führte Reinhard Goebel mit der Sibelius Academy in Helsinki (Finnland) alle sechs Brandenburgischen Konzerte von Johann Sebastian Bach auf.
Reinhard Goebels besonderes Interesse an der deutschen Musik der Bach-Zeit, das schon seine Arbeit mit Musica Antiqua Köln prägte, aber auch die Literatur der Vorklassik und Klassik werden die zukünftigen Programme bestimmen. Grundlage für das Innere seiner „barocken“ wie „klassischen“ Arbeit ist eine umfassende Kenntnis der theoretischen Quellen, Insonderheit der Instrumental-Schulen, während seine enorme Repertoire-Kenntnis und „der Mut zum Neuland“ den äußeren Rahmen bilden.
Als Geiger war Reinhard Goebel, 1952 in Siegen geboren, Schüler von Franzjosef Maier, Eduard Melkus, Marie Leonhardt und Saschko Gawriloff. Seine musikhistorischen und philologischen Interessen vertiefte er durch das Studium der Musikwissenschaften an der Universität Köln. Er erhielt ferner nachhaltige Anregungen durch Christoph Wolff, den Doyen der Bach-Forschung.
Mit dem 1973 gegründeten Ensemble Musica Antiqua Köln, das 1978 einen Exklusiv-Vertrag bei der Archiv-Produktion der Deutschen Grammophon Gesellschaft erhielt, profilierte sich Reinhard Goebel als einer der wichtigsten Exponenten der „Early Music Scene“, insbesondere als unbestrittene Autorität im Bereich der deutschen Musik des Barock. Seine Aufnahmen mit dem Ensemble Musica Antiqua Köln waren und sind nach wie vor maßstabsetzend. Dafür wurde er international mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt. Im Februar 2008 wurde Reinhard Goebel für seine CD „Mozart in Paris“, die anlässlich des Augsburger Mozart-Fests 2007 erschien, mit dem bedeutenden „Diapason d’Or“ ausgezeichnet, ein Preis, den er zuvor bereits für zahlreiche Aufnahmen seiner Musica Antiqua Köln entgegengenommen hatte. Im Frühjahr 2010 erhielt er für seine von der Deutschen Grammophon neu edierte Aufnahme „Le Parnasse Francais“ mit Musica Antiqua Köln erneut den „Diapson d’Or“, der ihm bereits für die ursprüngliche Aufnahme aus dem Jahre 1978 verliehen worden war.
Seit Herbst 2010 ist Reinhard Goebel als Professor für historische Aufführungspraxis am Mozarteum Salzburg tätig.